Ja ich lasse mich nicht lange bitten. Hallo die Runde und das Publikum!
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Die Türkei wird zu Europa gezählt. Zumindest die paar Millionen, die es schafften sich über Jh. hinweg über westlich des Bosporus zu halten, sehr zum Ärger der europäischen Großmächte, von den unmittelbaren Nachbarn ganz zu schweigen. Irgendwann begann man aber sich aber damit anzufreunden, dass es gar nicht so schlecht ist, wenn es einen Puffer zu so unzuverlässigen Ländern wie Syrien, dem Iran oder Irak gibt, Länder mit denen man wenig teilen sollte, schon gar keine Grenze. Die Idee der Türkei als Partner war geboren- und die spielte mehr oder weniger begeistert mit. Nachdem die Armee das Atatürk-Erbe mit Waffen, Politoffizieren und erdbebensicheren Verliesen verteidigte, hielt sich der säkulare Spaß in Grenzen. Dennoch- der Staat prosperierte und wuchs zu einer ernstzunehmenden Mittelmacht zwischen Okzident und Orient- der kranke Mann am Bosporus war kuriert. Die Europäer & Amerikaner zeigten sich ebenfalls begeistert- die Türkei stand für einen säkularen Staat mit muslimischer Bevölkerung- die Quadratur des Kreises schien geschafft. Als dann 1993 (und damit lange vor Mutti Merkel) die da unten Ministerpräsidentin wurde, schien die Sensation perfekt: Die Türkei überholt als Fortschrittsmotor die angeblich so richtungsweisenden europäischen Staaten.
Leider war das Regierungsprogramm der Fr. Ciller weniger sexy als ihr Werdegang und aus dem Dunkel der Istanbuler Verkehrsbetriebe kam dann der da daher:
Der Erdo machte rasch Karriere, eigentlich unvorstellbar angesichts seines Lebenslaufs. Normalerweise pflegt man im mediterranen Raum Angestellte vom öffentlichen Nahverkehr eher zu lynchen als zu wählen. Wahrscheinlich konnte er das ähnlich herunterspielen, wie sein Diplom fälschen. Jedenfalls kam der via Istanbuler Lokalpolitik schnell voran und nicht mal die obligatorischen Militärbosnigl konnten ihn in ihren Verliesen zur Räson bringen. Jedenfalls ging es Schlag auf Schlag: Bürgermeister-Ministerpräsident-Präsident. Eigentlich dazu noch Präsident der türkischen Diaspora, Erdo ist ein fleißiger Wahlkämpfer im Ausland. Die Religion spielt wieder eine Rolle, nun schmachten die Politoffiziere in ihren eigenen Verliesen. Daran konnte auch ein stümperhaft organisierter Putsch 2016 nichts ändern, Erdo wusste davon schon, ehe sich die Putschisten selbst darüber Gedanken machten. Sie teilen sich nun die Zelle mit zahlreichen Journalisten, die sich erdreisteten den sogenannten Pressefreiheitsindex nach oben zu schrauben. Erdo war und ist als Repressionsprofi der Meinung, dass mit Platzierungen rund um 150 (von ca. 180) im internationalen Ranking der Pressefreiheit völlig Genüge getan ist. Allerdings haben diese Maßnahmen seine kreuzbraven europäischen Partner vergrämt, ihr lautes „Sapperlot“ brachte das Einfrieren der türkischen EU-Bemühungen mit sich. Beim ihm wesensverwandten Putin war er zumindest zwischendurch ebenfalls persona non grata, weil sich der Spießer beleidigt über einen popligen Fliegerabschuss zeigte. Bleiben neben den angesprochenen übel beleumundeten Verbündeten in der direkten Nachbarschaft eigentlich nur noch die Amis als „verlässlicher“ Partner über. Abgesehen davon, dass die Amis noch nie Scham beim Fallenlassen eines Partner zeigten, sitzt jetzt Trump vor seinem Twitteraccount und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er die Türkei übel beleidigt oder mit einem Truthahn verwechselt. Der amerikanische Botschafter kann sich im Präsidentenpalast um eine Mietwohnung umschauen.
Über die innenpolitischen Miseren (wie zB die frechen, lästigen Kurden) sprechen wir noch später. Es schaut net gut aus: Assad, Trump, Putin und sogar die devote EU gegen sich zu haben, haut sogar den stärksten Sultan vom Thron.